Schlechte Zeit für Ostermärsche

 

Jetzt ist keine Zeit für Ostermärsche.
Es ist eine schlechte Zeit für den Ruf nach Abrüstung, Entmilitarisierung und Frieden.
Dabei dürfte es nie eine schlechte Zeit dafür sein.
Selbst wenn ich körperlich könnte, ich wäre nicht dabei.

 

 

Zumal sich äußerst merkwürdige Gesinnungen und Äußerungen in den Statements der Ostermarschierer finden.
DKP, MLPD und sonstige K-Gruppen (Jau, die gibt es wahrhaftig noch!): Die nervten schon vor über 30 Jahren, da wurden sie aber nicht ernst genommen. Auch wenn ich gestehen muss, dass ich damals auch an Veranstaltungen in deren Umkreis teilnahm. Würde ich heute nicht mehr machen.
Aber selbst dieser Absatz ist zu viel Aufmerksamkeit für Sektierer…

 

 

Putinversteher in einer Bewegung für den Frieden?
Geht es noch!

 

 

Der Krieg ist ja keine Bedrohung, gegen die man etwas machen kann. Er ist real. Er ist da. Und es ist ein Angriffskrieg des Kreml-Systems, ein Krieg Putins und ein Verbrechen an die Menschheit.
Es gibt keine Angriffe gegen Russland, es gibt keine NATO-Angriffe und die zivilen Opfer krepieren in der Ukraine und nur dort.
Historische oder machtpolitische Diskussionen über andere Verursacher oder Schuldige sind da zynisch.

 

 

Ich tue mich schwer, Waffen und militärische Unterstützung für die Ukraine zu fordern. Aber ich habe da auch nix zu fordern, die ukrainischen Menschen werden angegriffen und DIE haben das Recht zu fordern. Weil ihr Widerstand nämlich sonst keine Chance hat.

 

 

Der Pazifist und Anarchist in mir schweigt beschämt.
Weil er keine Lösung weiß.
Und weil hohle Floskeln im Moment nun wirklich nicht angesagt sind.
Vielleicht später wieder.
Ich lasse mir meine Utopien nicht nehmen, auch wenn sie weiter als jemals zuvor entfernt scheinen.

 

 

Es ist legitim, darauf hinzuweisen, dass die Ukraine kein demokratischer Staat ist/war und auch dort ein Oligarchensystem herrscht. Es ist legitim, die Heldenverehrung Selenskyis zu hinterfragen. Es ist legitim, auch deren Propagandaaussagen zu überprüfen.
Aber es ändert nichts an dem Grundübel und bringt nicht weiter:
Der Feind sitzt in Moskau und hinter Putins Fratze stehen weitere Massenmörder.

 

Ja: Das ist Faschismus.
Und ich könnte das auch mit Faschismustheorien belegen aber für intellektuelles Besserwisserblabla ist im Moment keine Zeit und die ukrainische Bevölkerung krepiert weiter.

 

 

Ich habe keine Ahnung, wie das enden wird.
Es wird nicht gut ausgehen und es wird uns alle zurückwerfen.
Und ich befürchte, es wird noch lange dauern.

 

Ich gestehe, ab und zu denke ich, die NATO sollte militärisch eingreifen. Nicht auf russischem Gebiet, aber in der Ukraine. Ich weiß, das könnte eine Katastrophe auslösen. Andererseits droht diese Katastrophe eh und ich kann mir nicht vorstellen, wie es nach diesem Krieg einen Frieden mit Putin und dem russischen Faschismus geben kann.
Ich weiß es eben nicht.

 

 

 

UND TROTZDEM:
Die Antikriegsbewegung, PazifistInnen, Abrüstungsbefürworter und Utopisten jetzt generell zu verteufeln und als Spinner abzutun ist der falsche Weg.
Es ist pervers, den Pazifismus als pro-faschistisch zu bezeichnen und dabei ein Orwell-Zitat aus dem Kontext zu reißen.
Ich halte auch nichts davon, jetzt hunderte Milliarden für die Rüstung zu verpulvern.
Bringt bei der Bundeswehr eh nichts, siehe Gorch Fock Restaurierung…

 

Ich bleibe meinen Utopien treu, weiß aber auch, dass es jetzt keine Zeit ist, trotzig darauf zu bestehen, dass ich die einzige Lösung weiß.
Ich weiß es eben nicht.
Und bin verzweifelt.

 

Mein ungeordnetes Blabla und meine Verzweiflung ändern nichts.
Die Ostermärsche auch nicht.
Es ist eine schlechte Zeit für Ostermärsche.

 

 

 

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