Warum ich das ABBA-Comeback ekelhaft finde:

 

Ich mochte ABBA noch nie. Okay, 1974 (?) ihr GrandPrix Sieg mit Waterloo – das war okay, alles danach war einfach nicht mein Stil.

 

Jetzt starten sie nach 40 Jahren ein Comeback und lösen viele Reaktionen und massig Begeisterung aus. Ihre neuen Songs klingen wie früher, das könnte okay sein, für mich relativ egal.

 

Aber es gibt da ne Sache, die ich an diesem Comeback einfach nur zum Kotzen und auch ziemlich gefährlich finde:

 

ABBA altern nicht.
Nach vierzig Jahren klingen sie noch genauso, ihre angekündigten Shows werden von Avataren (Abbataren) gespielt, die den körperlichen und sonstigen Zustand von vor 40 Jahren wiedergeben.

 

Und da werde ich sauer.

 

 

 

Es gehört zur menschlichen Natur, dass wir altern. Und das tut weh und hat auch mit Zerfall zu tun. Aber das ist Leben. Und damit okay.

 

Der Traum ewiger Jugend ist eine Illusion, ich persönlich finde diesen Traum eher erschreckend als schön.

 

Selbst Keith Richards altert, er wird nicht besser, aber faszinierender.
Johnny Cash hat im Alter wunderbare Songs rausgehauen, auch wenn die Stimme kaum noch mitmachte. Leonard Cohen wurde immer besser je älter er wurde. Die wunderbare Marianne Faithfull und die göttliche Patti Smith. Sie sind älter geworden. Aber so viel Charisma, Ausstrahlung, Power und überhaupt: Ich liebe sie!

 

Nur ein paar Beispiele.

 

Eher peinlich fand ich die Künstler*innen, die sich dem Altern widersetzten.

 

Cher und Madonna nehme ich da nur als Vorzeigebeispiele, es gibt noch viele mehr.

 

Und es funktioniert einfach nicht.

 

 

 

Und jetzt kommen ABBA, nach 40 Jahren Pause. Und tun so, als wären sie noch 30 Jahre alt und eben nicht über 70.

 

Ekelhaft!

 

Ein Comeback mit gealterten Stimmen und ihren realen Körpern hätte ich akzeptiert, es wäre mir wahrscheinlich auch am Arsch vorbeigegangen, aber diese Verweigerung des normalen Alterungsprozesses ist unerträglich!

 

 

 

Als ich vor 14 Jahren an Mundhöhlenkrebs erkrankte und nach der OP als Krüppel aufwachte musste ich lernen, das zu akzeptieren.

 

Ich war davor ein schlechter Sänger und Gitarrist einer sauguten Band aber bei mir ging nichts mehr. Ich überlegte immer mal wieder, trotz meiner kaputten Artikulation und meines eingeschränkten linken Handgelenks was anderes zu machen, hängte aber irgendwann die Gitarren an den Nagel und verweigerte mich vor Mikrophonen. Weil es nicht mehr ging, beziehungsweise ich nicht die Energie aufbringen konnte, umzusteigen und meine Behinderungen einzubauen.

 

Das tat weh, ohne Frage.

 

Aber das war eben Teil meines Lebens. Und eine völlig irreale Präsentation meines vergangenen Lebens hätte mich zerrissen. So ein Lügengebilde hätte für mich nicht funktioniert (na gut: ich hatte auch nie die Milliarden Euro, um das zu realisieren).

 

Vielleicht reagiere ich auch deshalb so angekotzt auf das ABBA-Revival.

 

 

 

Altern ist scheiße.

 

Altern ist okay.

 

Altern ist normal, Zerfall ist normal.

 

 

 

In einer Illusion das Altern zu negieren ist unmenschlich, unverschämt und auch gefährlich, da es den Grundstock für unmenschliche Experimente und unseriöse Behandlungen gegen das Altern liefert.

 

 

 

ABBA now sind für mich deshalb nur zum Kotzen.

 

 

 

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