Sommer 2021 (ein Gedicht, bei dem mindestens 41 Fliegen starben)

 

 

 

 

 

 

 

In diesem verregneten Sommer

 

ist Fliegentöten mein Lieblingshobby

 

 

 

„What can a poor boy do …“

 

Ich wurde im Jahr der ersten Rolling Stones Single geboren

 

& sie begleiteten mich mein ganzes Leben lang

 

& jetzt

 

– nach 58 Jahren –

 

scheint da was zu enden

 

was unsterblich galt &

 

Charlie war eben

 

mehr als nur ein Drummer

 

 

 

Ohne Charlie sind das nicht mehr die Stones

 

auch wenn die Glimmer Twins weiter machen

 

Natürlich:

 

Irgendwann musste sowas passieren

 

Ich hoffte bloß immer

 

dass sie mich überleben

 

Andererseits:

 

Sie sind eh unsterblich

 

Auch Charlie bleibt für immer

 

 

 

Ich töte Fliegen

 

und entwickele eine gewisse Routine

 

 

 

Wieder mal verstauben meine Gitarren

 

die Pinsel trocknen aus

 

& die Tastatur hakt

 

Kein Grund

 

sich Sorgen zu machen

 

Nur:

 

Das geh schon verdammt fucking lange so

 

 

 

Die nächste Fliege klatsche ich mit links ab

 

während ich mir gleichzeitig eine Zigarette drehe

 

 

 

Afghanistan –

 

da bin ich sprachlos

 

Ich darf das sein

 

Die Sprach- und Tatlosigkeit des Außenministers & der Bundeskanzlerin

 

dagegen –

 

zumindest fragwürdig

 

 

 

Die Fliegenklatsche auf meinem Schreibtisch

 

liegt immer griffbereit

 

 

 

Natürlich überlagert und lähmt die Pest immer noch alles andere

 

seit über zwei Jahren

 

Ich habe Freund*innen verloren

 

Ich habe einen Teil von mir verloren

 

auch wenn es mir noch recht gut ergangen ist

 

 

 

Habe ich schon erwähnt

 

dass ich beim Bearbeiten der Tastatur Fliegen töte?

 

 

 

Meine Sprachlosigkeit

 

angesichts dieses Lebens, dieser Welt

 

& meinem persönlichen Part

 

ist groß

 

war schon vor Corona da

 

(Ich liebe simple Erklärungen

 

für meine anhaltende Schreibblockade

 

& Weigerung

 

an ihrer Überwindung zu arbeiten)

 

 

 

Mittlerweile löst sich die Fliegenklatsche in ihre Einzelteile auf

 

aber ich habe da noch Nachschub

 

 

 

Verregnete Sommer hatte ich schon viele in meinem Leben

 

auch wenn die Starkregenkatastrophen zunehmen

 

Zusammen mit der Corona-Pest & der Klimakatastrophe

 

wird es zu viel für mich

 

In ein paar Wochen findet eine Wahl statt

 

die wenig ändern wird

 

 

 

Sieben auf einem Streich

 

sind mit einer Fliegenklatsche nicht zu schaffen

 

 

 

Wenn überhaupt

 

schreibe ich zu lange & zu schlechte Gedichte

 

wie dieses

 

Es ist mir momentan egal

 

 

 

Die dreistesten Fliegen überleben länger:

 

Auf den Monitoren werden sie nicht abgeklascht

 

weil die Bildschirme zu siffig werden

 

& die

 

die sich auf die Fliegenklatsche setzen

 

überleben

 

bis ich sie woanders erwische

 

 

 

Irgendwann

 

kriege ich sie alle

 

 

 

Irgendwann

 

kriegt das Leben mich

 

& klatscht mich ab

 

Das ist okay

 

Ich hatte mehr als einen Tag

 

& habe viel genossen

 

& würde alles noch mal genauso machen

 

Vor allem meine Fehler

 

 

 

Leben

 

war & ist okay

 

Der Tod ebenso

 

Und das Sterben:

 

Ein schnelles Abklatschen wäre super

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Marina (Donnerstag, 02 September 2021 08:57)

    Einfach nur GEIL (ich weiß, das Wort sagt man nicht, sagt man).