Vom Überleben und Leben

 

Vom Überleben und Leben

 

(dieses Gedicht wird so nie in einem Buch erscheinen. Auszüge daraus vielleicht. Ich poste es jetzt im Blog, weil es eben die momentane Stimmung bei mir sehr gut beschreibt. Und vielleicht auch meine Schreiblähmung verdeutlicht. Das ich es überhaupt getippt habe ist ein Zeichen, das es weitergeht…)

 

 

 

Überleben ist anstrengend

 

Da bleibt kaum noch Energie

 

um zu leben

 

 

 

Ich bin

 

meine größte Baustelle

 

& scheiße deshalb

 

auf alle Baustellen um mich herum

 

 

 

Wo

 

ist beinahe egal

 

wichtig ist:

 

Mit wem

 

&:

 

nicht alleine

 

 

 

Ich liebe meine Frau

 

& ich liebe unsere Hunde

 

aber ich schaffe es momentan nicht

 

mich zu lieben

 

& das

 

ist ein Problem

 

 

 

Ein (schlechter) alter Spruch meines Vaters:

 

„Das ist kein Fett

 

 Dieser Körper ist geformt aus Muskeln und Samensträngen.“

 

Später

 

war da kaum noch was

 

außer Alzheimer

 

 

 

Und bei mir:

 

Wenig Fett

 

Mein Körper ist geformt aus Narben und Falten

 

 

 

Auch nicht besser

 

 

 

Kleinere Schmerzen bemerke ich kaum

 

das ist der einzige Vorteil von chronischen Dauerschmerz

 

& ich habe eine Zeitlang Zigaretten & Bier reduziert

 

aber dadurch ging es mir auch nicht besser

 

& das Wetter:

 

Ich friere

 

& ersehne den Frühling

 

 

 

Seit über 14 Jahren

 

(über dreimal so lange, wie mir prognostiziert wurde)

 

krebse ich im wahrsten Sinn des Wortes herum

 

& das ist nicht besonders spaßig

 

& ja – ich bin müde & erschöpft

 

aber irgendwie habe ich auch gewonnen

 

& bin weiter auf der Siegesstraße

 

solange ich überlebe

 

& dabei ab & zu lebe

 

 

 

Natürlich bleibt immer noch die Musik

 

die Poesie

 

& Momente des Glücks mit meiner Frau

 

bei denen ich schwebe

 

& ewig leben möchte

 

 

 

Ich lese zu wenig

 

ich schreibe noch weniger

 

& die Musik läuft nebenher

 

aber da ist eh wenig Neues

 

was mich überzeugt

 

Sobald es wärmer wird

 

fange ich im Garten an

 

(so langsam geht es los)

 

Im Moment funktioniere ich halbwegs

 

mehr ist nicht drin

 

Ich weiß:

 

Das ist nicht poetisch

 

& nicht spannend

 

Aber es ist nun mal so

 

 

 

Meine Frau macht sich Sorgen

 

& schimpft

 

Ich mache mir auch Sorgen

 

kann es aber nicht ändern

 

und hoffe auf den Frühling

 

 

 

Bei all dem habe ich den Alzheimer der Schwiegermutter

 

(die wir pflegen & die uns das Leben zur Hölle macht)

 

außerdem ein riesiges Haus voller Baustellen & so viel zu tun

 

& natürlich die Corona-Pest

 

noch nicht erwähnt

 

 

 

Andererseits:

 

Ich habe über zehn Jahre den VfL Bochum

 

als Metapher für mein Dahinsiechen & Abstiegsängste & scheiß Spiele benutzt

 

& jetzt wird mein Verein wieder in die erste Liga aufsteigen

 

Vielleicht kann ich

 

mich dem irgendwie anschließen

 

 

 

Ich habe überlebt

 

ich werde weiter überleben

 

ich will wieder leben

 

 

 

Irgendwie so

 

 

 

 

 

 

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