Meine Corona-Gedanken

 

 

 

 

Und wenn das dann alles eines Tages vorbei sein sollte dann ist es nicht einfach vorbei und alles wie früher.

 

Corona wird nicht spurlos vorbeigehen, sondern tiefe Wunden reißen und die Welt verändern.

 

Viele Kneipen, Clubs, Discos und Kinos werden platt sein. Einfach verschwinden. Mit menschlichen Schicksalen, die dahinterstehen.

 

Viele FreiberuflerInnen und KünstlerInnen werden resigniert haben und sich im besten Fall anders arrangiert haben, im schlechtesten Fall untergehen.

 

Können die Menschen diese Lücken positiv füllen?
Ich befürchte, dass nur die (Finanz-)Starken überleben und gerade die subkulturellen Nischen erst mal platt sind.

 

 

 

Systemrelevant (fürchterliches Wort!) ist übrigens jeder Mensch.
Ein/e DichterIn ebenso wie ein/e KassiererIn oder ein/e PflegerIn.
Oder ein Kind oder ein/e RentnerIn oder eine pflegebedürftige Person.
Systemrelevant sind wir alle.

 

 

 

Der heuchlerische Applaus für Menschen, die in der Pflege tätig sind, verebbte schnell. Schlug sogar ins Gegenteil um, als der öffentliche Dienst sich erdreistete in diesen Zeiten zu streiken.
Hallo!
Das Streikrecht ist ein Grundrecht!
Und Gründe für den Streik gab es mehr als genug – gerade in jetzigen Zeiten!

 

Ich denke, der Tarifabschluss ist ein gutes Zeichen. Leider sind nicht alle in der Pflege beschäftigten Menschen auch im öffentlichen Dienst.
Die Kirchen haben zum Beispiel nur angeglichene Tarife. Und gliedern immer mehr aus, um auch diese zu umgehen. Bei privaten Pflegeeinrichtungen sieht es ähnlich aus.

 

Aber immerhin: Ein Schritt in die richtige Richtung.

 

 

 

Die menschenunwürdige Behandlung der SaisonarbeiterInnen in der Landwirtschaft und der LeiharbeiterInnen (gleich SlavInnen) in der Fleischindustrie wurden wieder mal öffentlich. Angeblich geht man dagegen vor. Ich befürchte, es wird sich wenig ändern.

 

 

 

Diese Pandemie deckte Schweinereien und Verbrechen an die Menschlichkeit auf.
Andererseits geraten andere Schweinereien in den Hintergrund:
Kaum ein Mensch denkt mehr an das Leid der flüchtenden Menschen, kaum ein Mensch interessiert der zunehmende rechtsradikale Terrorismus in unserem Land.

 

Zum Beispiel ist ein lügender, peinlicher und untragbarer Verkehrsminister im Moment völlig egal.

 

 

 

Irgendwann wird diese Pandemie vorbei sein.

 

Es werden andere folgen und wir werden uns an Hygienemaßnahmen und an Masken gewöhnen werden.

 

Das ist zu ertragen.

 

 

 

Der zweite Lockdown im November ist ne harte Nummer aber scheinbar notwendig.

 

Er trifft vor allem die Kneipen und jegliche Kultur. Irgendwie erscheint mir das wie ein Bauernopfer beim Schach, aber dadurch wird halt Mobilität und Leben in den Städten verringert und auch darum geht es eben jetzt.

 

Nicht alle werden diesen Lockdown überstehen. Obwohl eine große finanzielle Unterstützung versprochen ist werden diese nicht alle (vor allem die kleinen und unbekannten KünstlerInnen) bekommen.

 

Wird es still werden im angeblichen Land der Dichter und Denker?

 

Wird der Profifußball trotz Geisterspielen überleben und wird die Saison durchgezogen (okay, das ist nicht das größte Problem momentan…)?
Ein Monat ohne Mannschaftssport oder Muckibude kann man gut mit Laufen und Heimtraining überbrücken. Macht zwar nicht soviel Spaß, aber um Spaß geht es schon lange nicht mehr…

 

Die Kanzlerin hatte schon vor zwei Wochen gewarnt und appelliert, sie wurde nicht ernst genommen.

 

Jetzt haben wir den Salat.

 

 

 

Ich habe wenig Ahnung. Die wenigsten Menschen haben Ahnung und Plan bei dieser Pandemie. Ich bin bereit, meine Meinungen zu ändern und Fehleinschätzungen zuzugeben. Meine Einschätzungen sind ziemlich belanglos.

 

Ich habe es nicht so mit Zahlen und Statistiken, hatte ich noch nie.

 

Jetzt gucke ich jeden Morgen bei meiner ersten Zigarette auf die Fallzahlen des RKI, obwohl ich weiß, dass auch die ziemlich ungenau sind.

 

Ich bin nun wirklich kein Patriot. Aber ich bin froh, in einem Land zu leben, dass relativ gut durch diese Pandemiescheiße kommt.

 

Es sieht ja weltweit beschissen aus und seit März fahre ich zum Beispiel kaum noch nach Holland, obwohl die Grenze nur sechs Kilometer von unserem Haus verläuft…

 

 

 

Die Einschränkungen und Auswirkungen dieser scheiß Zeit sind für mich / für uns relativ gering.
Finanziell ändert sich kaum was, vielleicht verkaufe ich ein paar weniger Bücher, aber der Verdienst ist eh nur ein Taschengeld.
Lesungen mache ich eh keine mehr, mein Kulturleben findet hauptsächlich im Netz statt und meine sozialen Kontakte habe ich schon vor Corona sträflich vernachlässigt.

 

Aber es ist schon komisch. Mit den Worten meiner Schwester:

 

„Ich mag ja genau wie du keine übertriebenen Umarmungen. Aber jetzt, wo sie faktisch verboten sind, vermisse ich sie irgendwie…“

 

 

 

Merkwürdigerweise haben sich die Sozialen Netzwerke und das Internet in dieser Krise nicht bewährt.

 

Anstatt Kreativität und Zuversicht zu entwickeln, eine soziale Nähe dann eben im Netz zu schaffen, der leider notwendigen Distanz eine wenn auch nur mediale Nähe im Netz zu schaffen entwickelte sich immer mehr Hass und Besserwisserei.

 

Fuck.

 

Okay, Facebook verschlimmbesserte mal wieder das Profil, mehr Werbung und weniger Mitteilungen der Freunde und viele Haken und Fehler.
Aber hauptsächlich liegt es an uns Usern selbst.

 

Viele FreundInnen haben sich zurückgezogen und melden sich nur selten. Einige sind verbissen geworden und reagieren äußerst aggressiv auf andere Meinungen. Andere posten, wenn auch verschlüsselt und vorsichtig, Meinungen der Corona-Leugner.

 

Es macht keinen Spaß…

 

 

 

Ich werde ab Sonntag jeden Tag einen Song, ein Buch und einen Film in meinem Blog empfehlen. Natürlich auch auf Facebook verlinken.
Es ist wenig, aber es ist das, was ich leisten kann.

 

 

 

Lasst uns Spaß im Netz haben!

 

Lasst uns Kontakte und Freundschaften im Netz pflegen!

 

Lasst uns mindestens einen Monat lang Abstand halten und trotzdem Freundschaften und Stil pflegen!

 

 

 

Ich bin ein alter kranker Mann und gehöre der Risikogruppe an. Und ich bin müde und genervt.

 

Aber ich lebe noch und ich habe noch n bisschen Zuversicht.
Auch wenn es beschissen aussieht…

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Mick Moker (Donnerstag, 29 Oktober 2020 01:07)

    Du sprichst mir gerade aus dem Herzen, lieber Hermann! Gib das bloß nicht auf! <3